Chinas neuer Plan zur Stärkung seiner Datenwirtschaft

Posted by Written by Übersetzt von: Simon Laube Reading Time: 6 minutes

Die chinesische Regierung hat ein neues Dokument veröffentlicht, in dem sie 20 Maßnahmen zur Stärkung ihrer Datenwirtschaft skizziert. China definiert Daten als neuen Produktionsfaktor und Grundlage für Digitalisierung, Vernetzung und Intelligenz. Daher betrachtet Peking grundlegende Datensysteme als eine Frage des Wirtschaftswachstums und der nationalen Sicherheit.

Am 19. Dezember 2022 veröffentlichten das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Chinas und der Staatsrat gemeinsam eine formale Erklärung, in der die genauen Schritte zur Entwicklung grundlegender Datensysteme und zur besseren Nutzung der Datenressourcen des Landes dargelegt wurden.

Chinesische Spitzenbeamte definierten Daten im Jahr 2020 als “Produktionsfaktor” und bezeichneten sie als eine wesentliche Ressource für die Schaffung von wirtschaftlichem Wert. Zwei Jahre später hat die Regierung einen neuen Plan für den Aufbau von erforderlicher Infrastruktur zur Unterstützung der wachsenden Datenwirtschaft Chinas erstellt. Das Dokument verweist dabei auf zentrale Organisationen, Prozesse, Garantien und Vorschriften als wesentliche Bestandteile einer solchen Infrastruktur.

Der Plan enthält auch viele neue, wichtige Informationen, wie etwa das Datenhandelssystem funktionieren und das Gesetz die Eigentumsrechte an Daten definieren würde.

In diesem Artikel werden die wichtigsten Punkte des Plans und seine Bedeutung für die Entwicklung der chinesischen Datenwirtschaft erläutert.

Was ist Datenwirtschaft?

Datenwirtschaft wird allgemein als ein digitales Ökosystem definiert, in dem ein Netz von Anbietern Daten sammelt, organisiert und austauscht, um aus den gesammelten Daten, sprich Informationen einen Wert zu schaffen.

Solche Daten werden von einer Vielzahl von Einrichtungen gesammelt, darunter Suchmaschinen, soziale Netzwerke, Online- und Offline Einzelhändler, Zahlungsabwickler, Anbieter von Software-as-a-Service (SaaS) und Unternehmen, die vernetzte Geräte im Internet of Things (IoT) einsetzen. Die erworbenen Informationen werden dann gegen eine Gebühr an Einzelpersonen oder Unternehmen weitergegeben.

In den Vereinigten Staaten haben das Consumer Financial Protection Bureau und andere Organisationen einige erste Modelle zur Regulierung der Datenwirtschaft entwickelt. Ein Teil der Datenwirtschaft ist dabei der Speicherung und dem Schutz erworbener Daten gewidmet.

Zwischen 2011 und 2020 stieg die globale Datenmenge (auch “Datasphäre” genannt) von 1,8 auf 59 Zettabyte (ZB). Bis 2025 wird dieses Volumen die erstaunliche Größe von 175 ZB erreichen.

Es überrascht nicht, dass die zunehmende Allgegenwärtigkeit von Big Data zu Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes geführt hat, was die Schaffung mehrerer Datenschutzgesetze auf der ganzen Welt zur Folge hatte. Dazu gehören unter anderem die Allgemeine Datenschutzverordnung (GDPR) der Europäischen Union und das chinesische Gesetz zum Schutz persönlicher Daten (PIPL).

Warum ist die Datenwirtschaft für China so wichtig?

Daten werden Chinas künftige Entwicklung prägen. Die Bedeutung der Kontrolle digitaler Informationen in der chinesischen Domäne hat darüberhinaus zugenommen, seitdem der Staatsrat im Jahr 2020 Daten als einen wesentlichen Bestandteil der Produktion neben Land, Arbeit, Kapital und Technologie anerkannt hat.

In den letzten Jahren haben sich mehrere Schlüsselkonzepte herauskristallisiert. Diese betreffen unter anderem, wie China Daten nutzen wird, um seine Wirtschaft zu fördern, zunehmend strengere Datenschutzbestimmungen, sowie potenzielle Auswirkungen, welche die chinesischen Ideen zur Datenverwaltung auf andere Länder haben könnten.

Peking beabsichtigt auch Daten als Produktionsfaktor zu nutzen. Am 28. Dezember 2021 veröffentlichte die Zentrale Kommission für Cybersicherheit und Informatisierung den 14. Fünfjahresplan für die nationale Informatisierung (14. FYP) mit dem Ziel, “den Faktorwert von Daten zu aktivieren”, um “einen starken Binnenmarkt zu schaffen, der innovationsgetrieben [und] qualitativ hochwertig ist”. Laut dem 14. FYP wird sich Chinas digitale Wirtschaft auf Daten als reguliertes Gut stützen, das von der Regierung streng überwacht wird, und nicht als ungenutzte Ressource, die vom freien Markt genutzt werden kann.

Der 14. FYP gibt der Regierung ausdrücklich die Befugnis, die IT-Industrie und indirekt auch einige der wichtigsten Datenverarbeiter zu kontrollieren, während gleichzeitig anerkannt wird, dass Chinas private IT-Unternehmen alle Elemente der nationalen Informatisierung anführen sollen.

Darüberhinaus zielen auch andere politische Maßnahmen und Initiativen auf die Entwicklung des digitalen Raums und der digitalen Wirtschaft ab. Folgend haben wir einige der Maßnahmen aufgelistet.

  • Im Februar 2021 veröffentlichte die staatliche Behörde für Marktregulierung (SAMR) neue Anti-Monopol-Leitlinien, die monopolistisches Verhalten von großen Internetplattformen eindämmen und die Kontrolle von E-Commerce-Marktplätzen verstärken sollen. Die Regeln sollen den fairen Wettbewerb fördern und die Verbraucher schützen.
  • Im Juni 2021 trat das Datensicherheitsgesetz (DSL) als neue Säule des chinesischen Rechtsrahmens für Informationssicherheit und Datenschutz in Kraft. Das Gesetz befasst sich mit der Datenlokalisierung, dem Datenexport und den Datenschutzanforderungen.
  • Mit dem am 1. November 2021 in Kraft getretenen Gesetz zum Schutz persönlicher Daten wurde zusammen mit dem Datensicherheitsgesetz und dem Cybersicherheitsgesetz der rechtliche Bereich der Sicherheit und des Schutzes persönlicher Daten weiter gestärkt.
  • Im Januar 2022 veröffentlichte die Cyberspace Administration of China (CAC) die überarbeiteten Verwaltungsvorschriften für Informationsdienste für mobile Internetanwendungen, die Chinas Engagement für die Regulierung des Datenschutzes und der Sicherheit mobiler Anwendungen unterstreichen.

China spielt auch eine grundlegende Rolle bei der Festlegung internationaler Standards für digitale Innovation. Die Regierung hat dieses Ziel deutlich zum Ausdruck gebracht.

ASEAN, die Arabische Liga und zahlreiche andere Nationen haben Chinas Globale Datensicherheitsinitiative (GDSI) unterstützt, die eine internationale Vereinbarung über “Standards und Vorschriften für den globalen digitalen Bereich” anstrebt, welche grenzüberschreitende Datenübertragungen, Datensicherheit,  usw. abdeckt.

Des Weiteren bieten chinesische Unternehmen über Chinas Digitale Seidenstraße (DSR) digitale Infrastrukturen und Dienstleistungen für Gastländer an und beeinflussen damit die Bedingungen, unter denen andere Länder ihre eigene digitale Wirtschaft entwickeln.

Wie wird der neue Plan Chinas Datenwirtschaft beeinflussen?

Gemäß den 20 Maßnahmen des Plans wird die Regierung grundlegende Datensysteme in vier Bereichen entwickeln, darunter:

  • Datenumlauf und -transaktion;
  • Dateneinkommensverteilung, die einen gerechten Ausgleich fördert;
  • Verwaltung von Datenelementen; und
  • Zentralisierte Planung, politische Unterstützung und (kontrollierte) Experimente.

Eigentumsrechte an Daten

Aufgrund des komplexen Charakters von Daten ist die Festlegung des Umfangs der Rechte im Datenhandel eine schwierige Aufgabe. Der neue Plan schlägt vor, eine strukturelle Trennung für verschiedene Arten von Dateneigentumsrechten zu untersuchen, und verlangt die Einrichtung von Mechanismen für die Klassifizierung, Unterscheidung und Genehmigung von öffentlichen Daten, Unternehmensdaten und personenbezogenen Daten.

Je nach den Merkmalen der Datenquelle und des Datenerzeugers wird in dem Dokument die Festlegung von Rechten gefordert, die jedem Teilnehmer am Prozess der Datenproduktion, -verbreitung und -nutzung zustehen. Es sollte ein Mechanismus zur Verwaltung von Eigentumsrechten eingerichtet werden, der das Recht auf den Besitz von Datenressourcen, das Recht auf die Nutzung der Datenverarbeitung und das Recht auf den Betrieb von Datenprodukten trennt.

Dies ist die zentrale Grundlage für die Marktkonstruktion und -zirkulation der verschiedenen Arten von Daten. Daten sind schwer zu verwalten, da sie nur durch ihre Nutzung einen Wert erzeugen, der Eigentümer jedoch keinen Wert durch die Nutzung seiner eigenen Daten erzielen kann. Um diesen Widerspruch zu lösen, schlägt der Plan vor, auf die Trennung von Rechten zu setzen, um einige Daten zu schützen und andere für Transaktionszwecke nutzen zu können. Die im neuen Plan vorgeschlagene Trennung zwischen Eigentums-, Nutzungs- und Verwaltungsrechten spiegelt diese Ziele wider.

Datenumlauf und -transaktion

Die Verbesserung und Vereinheitlichung der Vorschriften für die Datenweitergabe, der Aufbau eines Handelssystems, das die Nutzung und Weitergabe von Daten fördert, und die Zusammenführung der nationalen und internationalen Datenhandelsmärkte gehören zu den wichtigsten Zielen des neuen Plans.

Im Hinblick auf den grenzüberschreitenden Datenhandel wird in dem Dokument zur internationalen Zusammenarbeit beim Datenaustausch, der Interoperabilität von Unternehmen, der Anerkennung von Vorschriften, der gemeinsamen Nutzung von Diensten und ähnlichen Praktiken aufgerufen.

Dies wird dazu beitragen, den Aufbau einer grenzüberschreitenden digitalen Handelsinfrastruktur zu fördern und Chinas aktive Beteiligung an internationalen Vorschriften und Standards im Bereich der digitalen Technologie, wie Datenfluss, Datensicherheit, Zertifizierung und Bewertung sowie digitale Währung, zu unterstützen.

Für typische Anwendungsszenarien wie grenzüberschreitender elektronischer Handel, grenzüberschreitender Zahlungsverkehr, Lieferkettenmanagement und Outsourcing von Dienstleistungen schlägt der Plan vor, sichere und standardisierte Methoden für den grenzüberschreitenden Datenfluss zu erforschen.

Da Daten als eine Angelegenheit der nationalen Sicherheit betrachtet werden, werden sie unter anderem durch die Gesetze für Datenverarbeitung, grenzüberschreitende Übermittlung und Fusionen und Übernahmen mit ausländischem Kapital geregelt. Ebenso wird China den Grundsatz der Gegenseitigkeit gegenüber den Sicherheitsbelangen anderer Länder anwenden.

Verwaltung von Datenelementen

Ein Datenelement ist eine Informationseinheit, die eine eindeutige Bedeutung und Unterkategorien oder Datenelemente mit unterschiedlichem Wert hat. Mit anderen Worten, das Datenelement hat eine Sammlung von Attributen, die seine Identifizierung, Darstellung und Werte definieren. Zum Beispiel Geschlecht und geografischer Standort. Der neue Plan zielt darauf ab, den Umlauf und die Transaktion solcher Datenelemente zu sichern und zu gewährleisten, dass sie legal sind und einem standardisierten Verfahren zum Schutz der Privatsphäre folgen.

Im Zusammenhang mit dem Datenhandel werden verschiedene Preismodelle auf der Grundlage der Merkmale von Datenelementen untersucht:

  • Öffentliche Daten werden unter Anleitung der Regierung für die digitale Entwicklung des Landes genutzt.
  • Daten, die von Unternehmen stammen und gehandelt werden, sowie individuelle Informationen werden unabhängig voneinander bepreist.

Der Plan sieht auch die Einrichtung von Ad-hoc-Datenhandelsplätzen vor. Dementsprechend wird die Regierung die Gestaltung und Optimierung des Layouts von Datenhandelsplätzen verstärken und gleichzeitig “ihre Anzahl streng kontrollieren”. Solche speziellen Plätze müssen den Vorschriften eines einheitlichen nationalen Standardsystems für Datenhandel und Sicherheit entsprechen.

In den 20 Maßnahmen des Plans werden auch verschiedene Möglichkeiten der Einkommensaufteilung aufgezeigt, darunter

  • Dividenden und Provisionen; und
  • Abwägung der Interessenverteilung zwischen den relevanten Bereichen, wie etwa Sammlung, Verarbeitung, Verbreitung und Anwendung von Dateninhalten.

Zentralisierte Planung, politische Unterstützung und (kontrollierte) Experimente

Die letzten sechs Maßnahmen des Dokuments sind der Entwicklung von Governance- und Aufsichtsmechanismen gewidmet, um ein sicheres, glaubwürdiges, integratives, innovatives, faires und offenes Marktumfeld für Datenelemente zu schaffen.

Der Plan sieht die Einrichtung verschiedener grundlegender Datensysteme mit folgenden Zielen vor:

  • Beglaubigung von Compliance;
  • Sicherheitsüberprüfung;
  • Überprüfung des Algorithmus;
  • Überwachung und Frühwarnung für den gesamten Prozess der Produktion, Verbreitung und Nutzung von Datenelementen; und
  • Klärung der Zuständigkeiten und Pflichten aller Beteiligten in Bezug auf die Sicherheit der Verbreitung von Datenelementen.

Gemäß dem neuen Plan werden soziale Einrichtungen (wie z. B. Industrieverbände) ermutigt, sich am Aufbau der Datenwirtschaft zu beteiligen, die Entwicklung und den Einsatz von Sicherheitstechnologien im Zusammenhang mit Datenverkehr zu unterstützen und sichere und zuverlässige Verbreitung von Datenelementen in verschiedenen Szenarien zu fördern.

Chinas Datenwirtschaft in der Zukunft

Der Plan zielt darauf ab, Schutzmaßnahmen zu institutionalisieren und potenzielle versteckte Risiken im Zusammenhang mit der Datensicherheit zu bewältigen, wie z. B. das Durchsickern von Daten und die illegale Nutzung.

Da China nun die Gestaltung seiner Datenwirtschaft formalisiert, indem es die wichtigsten Komponenten und Akteure identifiziert, den Schutz institutionalisiert und die Datennutzung verwaltet, werden für 2023 weitere lokale Vorschriften erwartet. Unternehmen, die in die Datenwirtschaft einsteigen, müssen deren Auswirkungen beachten und die notwendigen Vorkehrungen treffen.


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