Strategische Erwägungen bei der WFOE-Gründung in China, Teil 3: Umsatzsteuer und Unternehmensführung

Allgemeiner Umsatzsteuerstatus

China ist dabei, den Übergang zu einem Umsatzsteuersystem zu vollenden. Chinas Umsatzsteuer ist eine indirekte Steuer auf Geschäftstransaktionen, wobei zwischen 3 und 17 Prozent auf den Transaktionswert erhoben werden. Es liegt auf der Hand, dass sich daraus erhebliche Steuerlasten ergeben können, wenn man die Umsatzsteuer nicht sachgemäß handhabt.

Der Schlüssel beim Umgang mit dem Umsatzsteuersystem besteht für einige Unternehmen darin, ein „allgemeiner Umsatzsteuerzahler“ zu werden und das Recht und die Fähigkeit zu erlangen, Vorsteuerguthaben zum Ausgleich der Ausgangsumsatzsteuer zu nutzen. Dadurch kann Umsatzsteuerlast potenziell um ein erhebliches Maß reduziert werden. Obwohl der Status als allgemeiner Umsatzsteuerzahler theoretisch zu jedem gegebenen Zeitpunkt im Leben einer WFOE erlangt werden kann, ist es am einfachsten und vorteilhaftesten, den Status bei der Gründung des Unternehmens zu erhalten. Andernfalls läuft man Gefahr, abwarten zu müssen, bis der Jahresumsatz eine bestimme Schwelle erreicht wird. Da sich Investoren nicht immer sicher sein können, wann diese Schwelle überschritten wird, sollten sie versuchen, den Status eines allgemeinen Umsatzsteuerzahlers gleich nach Unternehmensgründung zu beantragen.

Mehr dazu: Strategische Erwägungen bei der WFOE-Gründung in China, Teil 2: Holdinggesellschaft und Firmenname

Die Frage, ob man unmittelbar den Umsatzsteuerzahlerstatus anstreben sollte oder nicht, hängt von den Geschäftsaktivitäten der WFOE und den Unternehmenszielen ab. Dies ist der Beginn der Steuerplanung einer jeden WFOE, die in China errichtet wird. Deshalb sollten chinesische Steuerexperten hinzugezogen werden.

Um ein Beispiel zu geben, bei dem der Status als allgemeiner Umsatzsteuerzahler von entscheidender Bedeutung und sogar nachteilig sein kann, bedenken Sie Folgendes: Wenn eine WFOE annimmt aus ihren Aktivitäten in China keinen Umsatz zu generieren, z.B. wenn als Kostenstelle des ausländischen HQ oder aus Gründe der Gemeinnützigkeit, könnte es in diesem Fall steuertechnisch günstig sein, den Status als kleinen Umsatzsteuerzahler zu behalten, da die Ausgangsumsätze nur mit drei Prozent besteuert werden. Bei jeglicher „Beratungs”-Vereinbarung mit ausländischen Anteilseignern zum Ziel der Finanzierung dieser WFOE sollten theoretisch nur drei Prozent Steuern anfallen, gegenüber sechs Prozent bei allgemeinen Umsatzsteuerzahlern. Wenn es sich jedoch um eine Handels-WFOE handelt und teures Equipment importiert und auf dem chinesischen Markt verkauft wird, kann die Umsatzsteuer auf Importe und Verkäufe bei 17 Prozent liegen. Deshalb ist es für solch eine Handels-WFOE von enormer Bedeutung, schnell den Status eines normalen Umsatzsteuerzahlers zu bekommen, um seine Zahlungen der Importumsatzsteuer mit der Ausgangsumsatzsteuer der Verkäufe auf dem Binnenmarkt verrechnen zu können.

Viele Investoren sind sich im Vorfeld nicht bewusst, dass der Registrierungsprozess für den allgemeinen Umsatzsteuerzahlerstatus auch eine Inspektion und Begutachtung der Büroräume der WFOE zur Prüfung der Rechtmäßigkeit beinhalten kann. Missbrauch des Umsatzsteuersystems und betrügerische Aktivitäten sind in China weit verbreitet. Die Behörden sind seit jeher streng bei der Erstausstellung des allgemeinen Umsatzsteuerzahlerstatus, auch wenn sich dies zu ändern scheint und die Praktiken von Stadt zu Stadt variieren können.

Bedingt durch die Möglichkeit, eine solche Inspektion durchlaufen zu müssen, ist es wichtig, zunächst auf der Suche nach einem eingetragenen Standort und Büroraum sich die Kriterien der Steuerbehörden zur Bestimmung eines allgemeinen Umsatzsteuerzahlers vor Augen zu halten. Vorherige Klienten, die eine WFOE mit einer „virtuellen Adresse“ registrierten, mussten mit viel Aufwand die virtuelle in eine neue mit glaubwürdigen Räumlichkeiten umwandeln, als sie die potenziellen Konsequenzen für ihre Bewerbung als allgemeiner Umsatzsteuerzahler erkannten. Für mehr Infos zu diesem Thema, lesen Sie bitte unseren Artikel General VAT Taxpayer Status: Why It’s So Critical and How to Secure It.

Unternehmensführung

Bei der Gestaltung einer effektiven Führung Ihrer WFOE sollten zumindest folgende zwei strategische Entscheidungen im Mittelpunkt stehen.

Zuerst sollte vermieden werden, zu viel Aufsicht und Betriebssteuerung in die Hände einiger weniger Individuen zu legen, deren Interessen eng beisammen liegen. Diese könnten sich als gegenteilig zu denen des Investors herausstellen und können schwer zu überwachen sein. Beispielsweise sollte möglichst kein Geschäftsführer gewählt werden, der gleichzeitig als gesetzlicher Vertreter fungiert (oder diese Position von einem nahestehenden Freund oder Verwandten besetzt ist). Außerdem sollten Sie darüber im Klaren sein, wer die Siegel des Unternehmens verwaltet bzw. kontrolliert. Ist es dieselbe Person (oder eine nahestehende Person), die auch über andere bedeutsame Positionen im Unternehmen verfügt? Achten Sie zusätzlich darauf, auf wen die Bankkonten registriert sind und wer die Buchhaltungs- und Wirtschaftsprüfungsfirmen auswählt bzw. die Aufsicht führt. Obwohl solch eine Struktur attraktiv erscheinen mag, da es den Entscheidungsfindungsprozess in China optimiert, ist es risikobehaftet. Wir sehen regelmäßig Fälle, in denen eine WFOE von übelgesinnten Angestellten faktisch „gekapert“ wurde, da zu viel Autorität in die Hände zu weniger Leute gelegt wurde. Als die Anteilseigner versuchten, die Organisation umzustrukturieren, ermöglichte die Machtkonzentration den Angestellten, die Pläne der Anteilseigner zu durchkreuzen. Für weitere Informationen, bitte lesen Sie auch unseren Artikel Anatomy of a Corporate Hijacking: How Your Chinese Company Can Be Hijacked and How to Prevent It.

Dazu: Dienstleistungen zur Firmengründung von Dezan Shira & Associates

Zweitens, lassen Sie bei der Wahl eines geeigneten gesetzlichen Vertreters äußerste Vorsicht walten.  Die Position des Rechtsvertreters in einer WFOE (oder jedem chinesischen Unternehmen) ist einflussreich und von entscheidender Wichtigkeit, da sie mit sämtlichen Befugnissen (und Verantwortung) bestückt ist, die WFOE rechtlich zu binden. Den gesetzlichen Vertreter zu ersetzen, ist ein langwieriger, mühsamer Prozess, bei dem die ursprüngliche Geschäftslizenz und elektronische Aufzeichnungen der entsprechenden chinesischen Aufsichtsbehörden abgeändert werden müssen. Dies kann bis zum Abschluss mehrere Monate in Anspruch nehmen. In der Zwischenzeit kann der bis dato eingetragene gesetzliche Vertreter über alle gegebene Vollmacht der WFOE verfügen.

Die Vertrauenswürdigkeit und ein gesundes Maß an Verantwortungsbewusstsein des gesetzlichen Vertreters vorausgesetzt, rückt ein weiterer Aspekt ins Blickfeld: Da der Rechtsvertreter über alle Kompetenzen verfügt, die Gesellschaft zu binden, wird er oder sie auch als vollumfassend verantwortlich für das Handeln der WFOE gesehen, selbst bei nicht ausdrücklicher Autorisierung. Gesetzliche Vertreter können theoretisch für die Schulden der WFOE verantwortlich gemacht werden.  Es gab jüngst einige Fälle in China, wo ein Rechtsvertreter (und manchmal andere ranghohe Mitarbeiter) inhaftiert und ihnen das Recht verwehrt wurde, China zu verlassen bis die Handelsstreitigkeiten gelöst wurden. Auch kann der Rechtsvertreter neben potenziellen Schuldzuweisungen auf Chinas „schwarze Liste“ gesetzt werden und ihm oder ihr das Recht entzogen werden, hohe Führungsämter eines chinesischen Unternehmens zu bekleiden. Angesichts dieser Gründe, sollten WFOE-Investoren in Erwägung ziehen, einen nicht in China sesshaften Rechtsvertreter auszuwählen, da dessen Unterschrift im Normalfall ohnehin nur zwei oder dreimal im Jahr benötigt wird, um sie so vor Anschuldigungen zu schützen. Es gilt jedoch zu beachten, dass der gesetzliche Vertreter bei der Unternehmensgründung, etwa zur Eröffnung eines Bankkontos nach China einreisen muss.

Fazit

Um seinen Geschäften in China nachgehen zu können, bietet die Gründung einer chinesischen WFOE ausländischen Investoren enorme Vorteile. Chinas regulatorisches Umfeld ist nicht allzu schwer zu verstehen, doch ist der Umgang damit oft kniffelig und einst getroffene Entscheidung nur schwer und unter hohen Kosten rückgängig zu machen. Deshalb ist es sehr wichtig, mit Bedacht zu planen und strategisch mit Einbeziehung erfahrener und sachkundiger Chinaexperten zu handeln.

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